Gesundheitsmärkte in Mittelosteuropa auf der Überholspur
Am 4. März 2021 fand die vierte gemeinsame Online-Sitzung der Arbeitsgruppe Osteuropa & GUS der GHA und des Arbeitskreises Gesundheitswirtschaft des Ostausschusses der Deutschen Wirtschaft statt. Im Mittelpunkt standen die boomenden Gesundheitsmärkte in Mittelosteuropa. Die Sitzung leitete die AG-Vorsitzende Martina Unseld (Siemens Healthineers).
Gesundes Wachstum im Jahr 2020 und positive Prognosen
Im Eröffnungspanel informierte Eeva Karsta, Director Government Relations bei Dräger und stellvertretende Vorstandsvorsitzende der GHA – German Health Alliance, über die spezifischen Märkte der Region. Die Corona-Entwicklung habe im vergangenen Jahr zu einem starken Anstieg an Bestellungen und zeitweise zu Lieferschwierigkeiten geführt. Dräger habe sich mit der Lieferung von Beatmungsgeräten und der Instandsetzung alter Geräte auf die Lage eingestellt.
Den positiven Rückblick auf das vergangene Jahr und die vorsichtig optimistischen Prognosen für 2021 bestätigte Martina Unseld aus Perspektive von Siemens Healthineers. Die Entwicklungen der Gesundheitssysteme in Osteuropa generell stünden weiterhin im Zeichen der Pandemie.
Polen will Gesundheitssektor stark ausbauen
Niklas Becker von Germany Trade and Invest (GTAI) stellte anschließend eine Studie zum polnischen Gesundheitssystem vor. Der Gesundheitssektor des Landes soll bis 2024 auf 6 Prozent des Bruttoinlandsprodukts steigen. Dazu tragen auch Fördermittel der Europäischen Union sowie die wachsenden Einkommen der Bevölkerung bei. Das polnische Gesundheitssystem weist aktuell einige Schwachstellen aus, so hat das Land die niedrigste Ärztedichte in der EU und eine reformbedürftige Erstattungspolitik.
Die polnische Regierung habe insgesamt schnell auf die Pandemiesituation reagiert und einen Anti-Krisen-Schutzschirm in Höhe von 1,6 Milliarden Euro aufgespannt. Über den Gesundheitsfonds des Präsidenten Andrzej Duda sollen im Zeitraum 2021 bis 2029 jährlich bis zu 950 Millionen Euro fließen. Gute Geschäftsmöglichkeiten für deutsche Unternehmen gäbe es unter anderem beim Aus- und Neubau von Krankenhäusern, wie zum Beispiel der Onkologie-Zentren in Warschau und Breslau. Für den Bereich Medizintechnik wird ein Wachstum von 4,9 Prozent bis 2024 prognostiziert, wobei der Importbedarf groß sei.
Die Digitalisierung und die Modernisierung der Infrastruktur im Gesundheitsbereich gehören aus Unternehmenssicht in Polen zu den wichtigsten strategischen Entwicklungen bestätigte Volker Eckert, Business Manager Export & Government Affairs bei Philips Germany. In seinem Vortrag verwies er auf den im EU-Vergleich relativ hohen Anteil privater Ausgaben im Gesundheitsbereich, den hohen Nachholbedarf an modernen Behandlungsangeboten sowie auf einen im EU-Vergleich gleichzeitig bestehenden hohen Anteil von Krankenhausbetten. Über die Entwicklung der Telemedizin und die Implementierung von Standards für die elektronische Patientenakte hinaus konzentriert sich Philips auf die Umsetzung ganzheitlicher digitaler Lösungen in den Bereichen Diagnostik und Behandlung und Connected Care sowie die Zusammenarbeit mit Onkologiezentren und (Universitäts-) Krankenhäusern. In der Region Mittelosteuropa verzeichnete das Unternehmen im Pandemiejahr 2020 einen wachsenden Marktanteil.
In der anschließenden Fragerunde ging es unter anderem um die Themen Ausbildung, Medizintechnikvertrieb die Registrierung und Zertifizierung von Medizinprodukten in der Eurasischen Wirtschaftsunion. Prof. Dr. Timo Ulrichs von der Akkon Hochschule fasste die aktuelle Pandemielage in der Region kurz zusammen und erläuterte die zur Stärkung der Gesundheitssysteme in Osteuropa notwendigen Faktoren. Die Akkon Hochschule ist im Rahmen von Kooperationsprojekten in Osteuropa aktiv, insbesondere in Russland und der Ukraine.