Christoffel-Blindenmission fordert von der Bundesregierung ihre Versprechen einzuhalten
Mindestens jeder achte Mensch ist von einer der 20 vernachlässigten Tropenkrankheiten (Neglected Tropical Diseases, kurz NTD) betroffen oder bedroht. Das sind mehr als 1 Milliarde Menschen weltweit, und doch wird viel zu wenig gegen diese Krankheiten getan. Darauf weist die Christoffel-Blindenmission (CBM) zum Internationalen Tag gegen Vernachlässigte Tropenkrankheiten am Samstag (30. Januar) hin. Vernachlässigt heißen diese Krankheiten, weil sie Menschen betreffen, denen es zumeist so ergeht: Sie sind arm, leben in einkommensschwachen Ländern und sind medizinisch schlecht versorgt. Im Unterschied zu Malaria oder Aids treten diese Krankheiten aber bislang kaum in Industrieländern auf. Die NTD werden deshalb hierzulande nicht so stark beachtet, obwohl sie zu schweren Behinderungen oder sogar zum Tod führen können. Allein durch Trachom, eine dieser NTD, sind 1,9 Millionen Menschen blind oder sehbehindert. 137 Millionen leben unter dem akuten Risiko, an der Augeninfektion zu erkranken und ihr Augenlicht zu verlieren.
Corona stoppte Maßnahmen gegen NTD
Zu Beginn der Corona-Pandemie war der Begriff „vernachlässigt“ einmal mehr Programm: Um die Betroffenen vor dem neuen Virus zu schützen, hatte die Weltgesundheitsorganisation (WHO) angewiesen, alle NTD-Aktivitäten zu unterbrechen. Darunter auch regelmäßige Medikamentenverteilungen wie die von Antibiotika. Gerade diese Medikamente aber sind entscheidend bei der Bekämpfung von Trachom. Durch den Stopp stieg das Risiko der Menschen rapide, sich zu infizieren und zu erblinden. Gleichzeitig hat die Pandemie auch Erfolge zunichte gemacht, die über die vergangenen Jahre hinweg im Kampf gegen vernachlässigte Tropenkrankheiten bereits erzielt wurden. „In einigen Regionen war die Ausrottung fast geschafft. Die fehlenden Medikamente haben nun zu neuen Infektionen geführt“, erklärt Dr. Rainer Brockhaus, Vorstand der Christoffel-Blindenmission. „Wir konnten zum Glück viele unserer geplanten Verteilungen im Frühjahr vor dem ersten Lockdown abschließen und geben aktuell alles, die ausgefallenen Verteilungen nachzuholen.“
Wichtige Erkenntnisse aus der Pandemie umsetzen
Die Pandemie hat gezeigt: Krankheiten machen nicht Halt an einer Grenze. Stabile Gesundheitssysteme sind essentiell – überall. Und die Strukturen und Maßnahmen, die im Kampf gegen vernachlässigte Tropenkrankheiten dienen, können zugleich auch entscheidend bei der Eindämmung der Pandemie helfen. Für die NTD-Arbeit wurden zum Beispiel Gesundheitshelfer ausgebildet, die vor Ort sind. Sie können jetzt über richtiges Händewaschen informieren, Schutzmasken verteilen, über geplante Impfungen informieren und Impf-Kampagnen organisieren. So werden auch vernachlässigte Menschen im globalen Süden vor Corona geschützt.
Die CBM fordert, dass die Staatengemeinschaft diese Erkenntnisse nutzt und ihrer Verantwortung gerecht wird. „Bei der Bekämpfung der Corona-Pandemie müssen NTD-Strukturen stärker genutzt werden“, sagt Brockhaus. „Die Bundesregierung hat sich international dafür eingesetzt und selbst dazu verpflichtet, verstärkt gegen NTD vorzugehen. Finanziell aber gibt es dabei noch viel zu viel Luft nach oben. Die deutsche Regierung muss mehr Geld bereitstellen, damit daran weiter geforscht wird, aber auch zusätzliche Medikamente verteilt und Gesundheitshelfer ausgebildet werden.“
Mehr als 110 Jahre Entwicklungshilfe
Die Christoffel-Blindenmission (CBM) zählt zu den größten und ältesten Organisationen der Entwicklungszusammenarbeit in Deutschland. Sie fördert seit mehr als 110 Jahren Menschen mit Behinderungen in Entwicklungsländern. Die Aufgabe der CBM ist es, das Leben von Menschen mit Behinderungen zu verbessern, Behinderungen zu vermeiden und gesellschaftliche Barrieren abzubauen. Die CBM unterstützt zurzeit 540 Projekte in 51 Ländern. Weitere Informationen unter www.cbm.de.