Offizielles Side-Event am World Health Summit der Konrad-Adenauer-Stiftung
Gemeinsam mit der GHA – German Health Alliance und der Global Alliance for Innovative Diagnostics (FIND) organisierte die Konrad-Adenauer-Stiftung federführend ein offizielles Side-Event am diesjährigen World Health Summit (WHS) in Berlin. Titel der Veranstaltung am 16. Oktober 2022 lautete „The Pivotal Role of Innovative Diagnostics in Pandemic Preparedness & Response and Health Systems Strengthening“, die in den Räumlichkeiten des WHS stattfand und bei den Gästen auf großes Interesse stieß. Neben Vertreterinnen und Vertretern des Bundestags, der WHO, des Global Funds oder der Gates-Stiftung waren auch Ministerien (BMG, AA), die GIZ, die Gesundheitswirtschaft, zivilgesellschaftliche Akteure und beispielweise auch das Universitätsklinikum Tübingen präsent. Im gemeinsamen Austausch wurde debattiert, wie ein gleichberechtigter Zugang zu Innovationen im Diagnostikbereich sichergestellt werden kann.
Zum ersten Mal überhaupt präsentierte sich die Konrad-Adenauer-Stiftung am World Health Summit, der in diesem Jahr in Kooperation mit der WHO ausgerichtet wurde. Dazu übernahm Hermann Gröhe, stellvertretender Vorsitzender der KAS und der CDU/CSU-Fraktion im Deutschen Bundestag, das Grußwort. In seinen einleitenden Worten betonte Gröhe, dass die Idee einer gemeinsamen Veranstaltung mit FIND während der dreitägigen Delegationsreise des Arbeitskreises Globale Gesundheit nach Genf im Juni 2022 entstand. Es müsse zwingend auf die Wichtigkeit und die Potentiale von innovativen Diagnostika aufmerksam gemacht werden. Aktuell treffen sich die globalen Gesundheitsakteure wie Gavi, die Impfallianz, UNITAID oder FIND jeden Donnerstag, um ihre Aktivitäten unter dem Schirm des Access to COVID-19 Tools-Accelerator (ACT-A) zu koordinieren. Diese Abstimmung gelte es zu bewahren, denn ACT-A biete Möglichkeiten für eine kohärentere Zusammenarbeit zwischen den Akteuren. Herr Gröhe dankte allen Anwesenden für deren Erscheinen und deren Einsatz während der Corona-Pandemie.
In seinem Impuls dankte Bill Rodriguez, CEO von FIND, eingangs dem stellvertretenden Vorsitzenden der KAS für sein gewaltiges Engagement im Bereich der Globalen Gesundheit insbesondere während seiner Zeit als Bundesgesundheitsminister aber auch in seiner aktuellen Position als Abgeordneter des Deutschen Bundestags. Durch seinen Einsatz habe Gröhe maßgeblich dazu beigetragen, dass Deutschland aktuell als „Champion“ der Globalen Gesundheit dasteht.
Aus technologischer Sicht gab es vor der Pandemie – vor zwei Jahren – nur wenige Arten von diagnostischen Tests, die auf Pathogene mit Pandemiepotential ansprechen konnten. Wie bei den Impfstoffen war allerdings das Innovationstempo bei der Entwicklung diagnostischer Tests in den ersten 24 Monaten der Corona-Pandemie beispiellos. Heute können wir uns deswegen über erschwingliche, akkuratere und leichter erhältliche Tests (z.B. Covid-Schnelltests für zu Hause) freuen, so Rodriguez. Es sei also nicht übertrieben zu sagen, dass Corona sich als eine Revolution für die Diagnostikbranche herausgestellt habe. Das Wissen kann nun auch für andere Krankheiten wie Malaria oder Tuberkulose genutzt werden. Rodriguez machte das am Beispiel der „ultraschnellen Probeverarbeitungstechnologien“ ersichtlich: was früher in einer großen Maschine in einem abgelegenen Labor eine Stunde dauerte, dauert heute in einer kleinen Box in einer Klinik 10-15 Minuten. Dies stellt eine signifikante Verbesserung der Diagnosemöglichkeiten gerade in ländlichen Gegenden und Gemeinden dar.
Dabei spielen Diagnostik und Tests in jeder Phase einer Gesundheitskrise eine Schlüsselrolle – von der Erkennung des Ausbruchs bis zur Entwicklung und dem Einsatz von Behandlungen und Impfstoffen. Ohne Tests können wir die Ausbreitung eines Virus nicht verfolgen oder eindämmen, dringende klinische Bedürfnisse angehen, die Wirksamkeit von Impfstoffen testen oder das Auftreten neuer Varianten erkennen, stellte auch Roland Göhde, Vorsitzender der German Health Alliance fest. Während innovative Diagnostika in den Debatten um die Stärkung der Gesundheitssysteme vor der Pandemie quasi nicht vorkamen, haben Diagnostika aktuell einen deutlich höheren Stellenwert, betonten Göhde und Rodriguez einstimmig. Auch hätten sich PCR-Tests als „Superpower“ der Diagnostik herauskristallisiert. Die Aufmerksamkeit und das politische Momentum gelte es nun zu bewahren, damit das Innovationstempo im Bereich von Diagnoseanwendungen weiterhin gewährleistet- und auf andere Krankheiten ausgedehnt werden kann.
Während die Pandemie die Aufmerksamkeit auf die Bedeutung eines gerechten Zugangs zu Impfstoffen und Behandlungen gelenkt hat, ist der Zugang zu den sich schnell verändernden Technologien nach wie vor von großen Ungleichheiten geprägt, und das wirft Probleme für die künftige Reaktion auf Ausbrüche auf, so das Fazit von Bill Rodriguez in seinem Impulsvortrag.
@BillRodriguezID on #diagnosics at #WHS2022: “the future has already arrived but it is just unequally distributed” patient-centered and integrated testing is key for improved #access and health systems strengthening. pic.twitter.com/k6Lo6uZeRo— MD Geneva | Konrad-Adenauer-Foundation (@KasGeneva) October 16, 2022
Im Mittelpunkt einer daran anknüpfenden Paneldiskussion erkundigte sich Frau Prof. Dr. Ilona Kickbusch vom Graduate Institute in Genf welche Maßnahmen im Zusammenhang mit Diagnostika sich unter ACT-A besonders bewährt hätten. Dazu diskutierten unter anderem Dr. Ayoade Alakija, WHO-Sondergesandte für den ACT-A, Dianne Stewart, stellv. Direktorin für Partnerschaften, Global Fund, Dr. Pradeep Kakkattil, Gründer des Health Innovation Exchange und ehemaliger Direktor für Innovationen, UNAIDS sowie Dr. Sanjay Sarin, Vizepräsident für den Zugang zu Diagnostik, FIND und Dr. Chandy Nair, CEO, BigTec Lab.
Dr. Alakija mahnte die sehr ungleiche globale Verteilung von Tests- und Schutzausrüstung an. Zwar sei die Schnelligkeit bei der Produktentwicklung sehr positiv zu bewerten (A+), der gleichberechtigte Zugang zu diesen wäre aber krachend gescheitert. Auch sei die Botschaft zu Beginn der Pandemie sehr stark auf der Entwicklung von Impfstoffen gelegen; Diagnoseanwendungen wurden dabei kaum berücksichtigt. Viele würden laut Dr. Alakija zudem nicht wissen, dass COVAX in der Tat auch ein Teil der ACT-A Initiative sei. Wichtig wäre in Zukunft auch in die vorhandenen Kapazitäten der Länder (insb. in Ländern mit niedrigem und mittlerem Einkommen) zu investieren. Dr. Alakija sagte abschließend „we can no longer do health in isolation of politics; health is politics; health and politics are interrelated.“
Dr. Sarin, FIND, äußerte sich ähnlich und appellierte für einen Paradigmenwechsel in der internationalen Zusammenarbeit. Laut Sarin „wissen die Länder am besten, was sie brauchen“. Es gilt den Aufbau einer lokalen Produktion von Diagnostik, Impfstoffen und Schutzmaterial zu fördern.
Für Stewart wäre hierzu beispielsweise der neu eingerichtete Pandemiefond bei der Weltbank ein passendes Instrument. Stewart schilderte zudem die Arbeit des Global Funds zur Bekämpfung von AIDS, Tuberkulose und Malaria zu Beginn der Pandemie. So hätte der Fund recht zügig finanzielle Mittel für PCR-Tests bereitgestellt, um diese schnell in die breite Versorgung zu bringen. Bei Covid-Schnelltests hätte die Verteilung deutlich länger gedauert, so Stewart. Auch hätte es von einigen Ländern Zugangsbarrieren gegeben, denn diese hätten erstens PCR-Tests priorisiert und zweitens Angst vor möglichen Reisebeschränkungen gehabt, wenn steigende Infektionszahlen im Land bekannt würden (in Folge von erhöhter Testkapazität).
In Indien hätte der Zugang von Diagnoseanwendung, insbesondere tragbarer PCR-Tests enorme Potentiale in der Primärversorgung freigesetzt, so Dr. Chandy, CEO von BigTec Lab, die PCR-Tests niederschwellig und kostengünstig vertreiben. Dabei sei vor allem die einfache Handhabung durch Angestellte im Gesundheitswesen essentiell. Auch Dr. Kakkattil, Health Innovation Exchange, berichtete über die positiven Effekte von Diagnostik-Innovationen für Patienten, Gesundheitspersonal und das Gesundheitssystem selbst. Darauf gelte es nun aufzubauen und die nötigen Schlüsse daraus zu ziehen.
Der Austausch zwischen den Teilnehmern und Teilnehmerinnen aus verschiedenen Disziplinen habe dazu sicherlich einen Teil beigetragen, wie der allgemeine Tenor nach der Veranstaltung lautete.
Autor: Moritz Fink, Konrad-Adenauer-Stiftung e.V.