Alle Augen schauen auf die Gesundheitswirtschaft
Die Corona-Krise hat die deutsche Gesundheitswirtschaft ins Rampenlicht katapultiert: Auch in Osteuropa wird sehr genau beobachtet, wie innovativ sich die Branche in Deutschland entwickelt hat und welche Lösungen zur Bewältigung der aktuellen Krise angeboten werden. Dazu passt, dass sich der OAEOV/GHA-Arbeitskreis Gesundheitswirtschaft neu aufgestellt hat und nun eng mit der GHA – German Health Alliance zusammenarbeitet. Am 7. April fand die erste Video-Konferenz des neuen Arbeitskreises mit über 30 Teilnehmern statt, bei der sich auch Martina Unseld von Siemens Healthineers als neue Arbeitskreissprecherin vorstellte.
Im Mittelpunkt der Gespräche standen erwartungsgemäß die aktuellen Chancen und Herausforderungen für Politik, Industrie und Gesellschaft durch die Corona-Krise. Außerdem ging es um die künftige thematische und organisatorische Ausrichtung des Gremiums.
Die osteuropäischen Partner schauen auf Deutschland
„Das deutsche Gesundheitswesen ist in der Corona-Krise gut aufgestellt und genießt ein hohes Ansehen bei den osteuropäischen Partnern“, stellte OAOEV-Geschäftsführer Michael Harms zu Beginn der Sitzung fest. Es werde zum Beispiel sehr genau registriert, dass Deutschland die Rate der Sterblichkeit bislang sehr niedrig halten könne. Dies bedeute auch einen großen Imagegewinn für die deutsche Gesundheitswirtschaft.
Harms erwartet, dass die Krise zu verstärkten Lokalisierungstendenzen führen könnte. „Die Länder wollen schnellen Zugriff auf systemrelevante Produkte wie Arzneimitteln und Schutzkleidung bekommen, das ist verständlich“, so Harms. Dennoch solle man in jedem Fall auch die Frage nach der ökonomischen Sinnhaftigkeit bei der Schließung der Versorgungslücken und der Diversifizierung der Lieferketten stellen. Einen Schub werde es durch die Corona-Krise für die internationale Zusammenarbeit geben. Herausforderungen, etwa im Bereich der Finanzierung von Innovationen könnten nur gemeinsam gelöst werden.
Roland Göhde, Vorstandsvorsitzender der German Health Alliance, unterstrich die Bedeutung internationaler Kooperationen und interdisziplinärer Ansätze von Seiten der Wissenschaft und Wirtschaft. Corona könne zu einer Intensivierung und Neuausrichtung der internationalen Zusammenarbeit führen.
Positive Impulse aus Wissenschaft und Wirtschaft
Im ersten Impulsvortrag bewertete Prof. Dr. Timo Ulrichs, Experte für Globale Gesundheit und Entwicklungszusammenarbeit an der Akkon Hochschule für Humanwissenschaften, die bisherigen Anti-Virus-Maßnahmen in Deutschland positiv. Ulrich wies auf die Gefahr einer zweiten Infektionswelle hin, sollten Maßnahmen zu früh gelockert werden. Gleichzeitig dürfe aber auch nicht aus dem Blick geraten, dass eine zu starke Konzentration auf Corona zu einer Unterversorgung bei Nicht-Corona-Fällen führen könne. Die osteuropäischen Länder orientierten sich stark an den Lösungsstrategien Deutschlands, so Ulrichs weiter. Deutsche Partner, die auch in herausfordernden Zeiten erreichbar seien, würden jetzt doppelt geschätzt.
Wo Risiken bestehen, gibt es auch Chancen, stellte anschließend Martina Unseld fest. Die Senior Director International Affairs EMEA bei Siemens Healthineers engagiert sich als neue Leiterin des Arbeitskreises Gesundheitswirtschaft im OAOEV und Osteuropa-Sprecherin bei der GHA. In ihrem Impulsvortrag schilderte Frau Unseld die Aktivitäten von Siemens Healthineers, die in der Corona-Krise stark gefordert sind. Kurzfristige Chancen für die Branche zeigten sich an den steigenden Auftragseingängen. Herausforderungen gebe es bei der Aufrechterhaltung der Produktion angesichts von Grenz- und Ausgangssperren. Zumindest konnte kurzfristig das Problem von Quarantänesperren für Berufspendler aus Tschechien ins bayerische Grenzland gelöst werden. Mitarbeiter aus der Pharma-, Chemie- und Medizintechnikbranche erhielten inzwischen Sondergenehmigungen. Davon profitiere auch Siemens Healthineers.
Die Zeit nach Corona
Als unmittelbare Folge der Corona-Krise könnte sowohl das deutsche Krisenmanagement als auch das Krankenversicherungssystem zur Blaupause für die Gesundheitsversorgung in anderen Ländern genommen werden. Die geplanten großflächigen Investitionen in den Gesundheitssystemen in Osteuropa könnten als Schub zu einer intensiveren Zusammenarbeit dienen, so Martina Unseld. Auch zeige sich jetzt, welches große Potenzial digitale Gesundheitslösungen bieten, in etwa wenn durch künstliche Intelligenz Ressourcen besser allokiert werden können.
Im weiteren Verlauf der Diskussion tauschten sich die Teilnehmer zudem über den Bedarf an deutschem Knowhow in den osteuropäischen Partnerländern, die Digitalisierungsstrategie im Gesundheitswesen insbesondere in Russland sowie über Finanzierungsmöglichkeiten von Innovationen und den Aufbau von Netzwerken aus. In Kürze wird interessierten OAOEV/GHA-Mitgliedsunternehmen ein Fragebogen zugesandt. Mit Hilfe der Antworten sollen die künftige Agenda der Arbeitskreissitzungen und die strategischen Schwerpunkte festgelegt werden. Zudem soll mit einem Positionspapier der Rahmen für den Dialog mit der Politik gesetzt werden. Für Fragen, Anregungen und Kommentare bezüglich des Arbeitskreises stehen Ihnen im OAOEV Petya Hristova und in der GHA Alexander Boxler als Ansprechpartner zur Verfügung.